Vollstreckung trotz Insolvenz

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20.07.2011: Dr. iur. Jochen Leibold, Ass. Katharina Grau - Rechtsanwälte Dr. Leibold & Schmid GbR, Nürtingen
Urteil des AG Leonberg vom 01.07.2011 - Aktenzeichen 7 C 949/10 (nicht rechtskräftig)

Auch wenn der Schuldner sich in der Insolvenz mit angestrebter Restschuldbefreiung befindet, gibt es für Gläubiger noch eine Chance. Beruht ihre Forderung auf vorsätzlich unerlaubter Handlung (z. B. Betrug oder Untreue) besteht die Möglichkeit, genau dies zur Insolvenztabelle feststellen lassen. Damit ist trotz der Restschuldbefreiung für den Gläubiger der Weg frei für eine Zwangsvollstreckung im Anschluss an die Wohlverhaltensperiode (§ 302 Nr. 1 InsO). Die Herbeiführung einer derartigen Entscheidung ist nicht ganz so unkompliziert wie dies nach den Entscheidungsgründen des Amtsgerichts Leonberg aussieht. Im Vorfeld war ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingestellt worden, so dass es einer Entscheidung eines Zivilrichters bedurfte, um die Rechtslage wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Auch ein Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung war gescheitert.


Wir vertreten regelmäßig Gläubiger in derartigen Verfahren, insbesondere solche, die von insolventen Schuldnern schwerwiegend und in strafrechtlich relevanter Weise geschädigt wurden. Andererseits: Der ganz überwiegende Anteil von Insolvenzschuldnern fällt völlig unschuldig in die finanzielle Krise und erwirbt die Restschuldbefreiung mit vollem Recht.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Dem Beklagten war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da das Versäumnisurteil an eine Adresse zugestellt worden ist, an welcher der Beklagte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wohnhaft gewesen ist. Der Beklagte hat glaubhaft gemacht, dass er zwischenzeitlich in ……….. wohnt. Ihm ist daher das Versäumnisurteil erst verspätet zugegangen.

Das Versäumnisurteil ist jedoch aufrechtzuerhalten.

Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig, insbesondere besteht ein rechtlich anerkennenswertes Interesse im Sinne § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung.

Für den Kläger ist die Feststellung, dass die Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung herrührt, erforderlich, um eine Befreiung des Beklagten von der etwaigen Restschuldbefreiung zu verhindern (§ 302 Nr. 1 Ins0). Im Übrigen kann der Kläger die Einzelzwangsvollstreckung auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens aufgrund des Vollstreckungsprivilegs des § 850 f Abs. 2 ZPO fortsetzen.

Das Feststellungsinteresse des Klägers besteht bereits zum jetzigen Zeitpunkt, obwohl dem Beklagten bisher noch keine Restschuldbefreiung erteilt wurde.

Die Klage ist auch begründet.

Die Forderung beruht auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung. Der Beklagte hat einen Betrug gem. § 263 StGB begangen, als er sich vorn Kläger das Darlehen hat auszahlen lassen.

Im März 2006 war dem Beklagten bewusst, dass er in finanziellen Schwierigkeiten gewesen ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits ein Schuldanerkenntnis der Kreissparkasse Tübingen über einen Betrag in Höhe von 150.000 € unterschrieben. Dies hat er dem Beklagten jedoch nicht mitgeteilt, sondern vielmehr, wie er selbst vorträgt, dem Beklagten erklärt, er habe mit einem seiner Kunden Schwierigkeiten, da dieser jeweils erst verspätet zahle, sodass er bis zu 18 Wochen in Vorleistung gehen müsse.

Aufgrund dieser Äußerungen hat er beim Kläger den Eindruck erweckt, dass die finanziellen Probleme lediglich darauf beruhen, dass Zahlungsverzögerungen gegeben sind.

Hätte der Kläger zum damaligen Zeitpunkt gewusst, dass die Darlehen bei der Kreissparkasse Heilbron gekündigt waren, hätte er sicherlich das Darlehen in Höhe von 6.500€ nicht ausgezahlt.

Durch diese Täuschung ist beim Kläger der Eindruck entstanden, dass die Rückzahlung des Darlehens dem Beklagten jederzeit möglich ist, da er, wie der Beklagte selbst vorgetragen hatte, das Geld lediglich zur Überbrückung brauche.

Dem Kläger ist auch ein Schaden entstanden, da er im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht mit Zahlungen rechnen kann.

Der Vortrag des Beklagten, dass die Parteien zum damaligen Zeitpunkt befreundet gewesen seien, und der Kläger ihm das Darlehen angeboten hätte, ändern an dieser rechtlichen Einschätzung nichts.

Aus dem Vortrag des Beklagten selbst geht hervor, dass er zum damaligen Zeitpunkt das Ausmaß seiner wirtschaftlichen Probleme nicht in vollem Umfang offengelegt hat, sodass beim Kläger der Eindruck entstand, der Beklagte benötige lediglich kurzfristig finanzielle Hilfe bis zur Zahlung seines Kunden.

Die Forderung des Klägers beruht daher auf den § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, so dass festzustellen war, dass die Forderung des Klägers auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht.

Der Klage war daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11,711 ZPO.

Link: http://www.leibold-schmid.de

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