Die Besonderheit dieser Entscheidung liegt darin, dass das Bundesarbeitsgericht auf der Basis der mittlerweile ergangenen EuGH-Rechtsprechung entschieden hatte, dass gesetzliche Urlaubsabgeltungsansprüche nicht untergehen, wenn ein Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres oder bis zum 31. März des Folgejahres arbeitsunfähig ist.
Der Europäische Gerichtshof (C-214/10 (KHS AG/Winfried Schulte)) entschied zwischenzeitlich, dass eine nationale Regelung, die einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten vorsieht, europarechtlich nicht zu beanstanden wäre.
Da das Bundesurlaubsgesetz in § 7 Abs. 3 grundsätzlich den Verfall von Urlaubsansprüchen mit Ende des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums (31. März des Folgejahrs) annimmt, hat das Landesarbeitsgericht jetzt entschieden, dass die Rechtsfortbildung, die das Bundesarbeitsgericht aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Schultz-Hoff vom 20. Januar 2009) vorgenommen hat, nicht mehr legitimiert sei, sondern aufgrund der neuen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2011 auf 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres zu begrenzen ist. Kritisch zu sehen ist allerdings die Gleichsetzung von nationalen Regelungen und Rechtsfortbildung durch das BAG. Dies hatte der EuGH bei seiner Entscheidung nicht vor Augen.
Bis zu einer erneuten Entscheidung durch das BAG gehen nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg Urlaubsabgeltungsansprüche spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter und sind daher bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nicht abzugelten. Fraglich ist allerdings, ob alle Arbeitsgerichte in Baden-Württemberg dieser Rechtsprechung folgen werden. Denn auch das Gegenteil könnte vertreten werden: Liegt keine nationale Regelung vor, verfallen die Ansprüche gerade nicht !
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Dr. iur. Jochen Leibold
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